Andere Länder - andere Fenster
Möchte man die geografische Vielfalt von Fenstern beleuchten, hilft es, sich zunächst einen kleinen geschichtlichen Überblick zu bilden.
Fenster sind „die Augen“ des Hauses.
Diese kindlich anmutende Beschreibung beruht nicht auf Fantasie: Auch in der altgermanischen Sprache waren Fenster schon als „Windaugen“ geläufig („windauga“). In der englischen Sprache ist dieses linguistische Kuriosum bis heute mit – man kann es erahnen – „windows“ erhalten geblieben.
Von diesen simplen, aber in ihrer Funktion wegweisenden „Windaugen“ in den Häusern damaliger Fassaden war der Weg bis zu Dreischeibenglas und Verbundfenstern mit diversen Zusatzfunktionen ein weiter.
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Von Tierhaut zu High-Tech: Eine Geschichte in drei Scheiben
Je nach geografischer Lage bietet sich nach wie vor eine Vielzahl an verschiedenen Bauweisen und Stilen. Was so manchem Mitteleuropäer möglicherweise urtümlich oder gar rückständig vorkommen könnte, ist in anderen Regionen naheliegend oder schlichtweg nicht anders machbar. Ein Beispiel? Fensterlose Häuser aus Lehm in Wüstenregionen, die tagsüber einen kühlenden und in der Nacht einen wärmeisolierenden Effekt haben. Ähnlich fensterlos kommen die Wandervölker der Mongolei mit ihren Zelten aus Tierhaut zurecht.
Aus Tierhaut bestanden auch schon die Fenster der Kelten, die Römer wiederum waren die Pioniere des Fensterglases, bevor im Mittelalter wieder Tierhaut und geölter Leinenstoff die standardmäßigen Materialien für Fenster wurden.
Die Devise war, so wenig wie möglich Öffnungen in der Fassade des Hauses zu haben, da diese eine Schwachstelle darstellten. Weder vor widrigen Temperaturen noch vor wütenden Stammesnachbarn oder Lehensherren konnten einen jene Fenster schützen. Im Wesentlichen hat sich dieser Gedanke bis in die Zeit der Aufklärung durchgezogen, man denke nur an die kleinen Fenster in Burgen und Schlössern. Licht im Innenraum war zu jenen Zeiten ein Privileg der Kirche oder des Adels. Mit den Privilegien eines fast hermetisch abgeschirmten Hofes (oder Hofstaates) wurden auch die Fenster größer. Große Fenster zu haben, war Zeichen von Wohlstand und Sicherheit. Ab der Zeit der Aufklärung hielten Fenster, und somit das ersehnte Licht, schließlich Einzug in die Häuser breiterer Gesellschaftsschichten.
Im Wesentlichen ist dieser Zugang bis heute erhalten geblieben: Ein heller, großer Wohnraum gibt uns auch 2019 ein nur schwer replizierbares Gefühl von Wertigkeit und Geborgenheit.
Soweit der kleine geschichtliche Abriss.
Wabi-Sabi: Perfekt unperfekt
Um unsere Reise an einem möglichst kontrastreichen Ort zu beginnen, begeben wir uns nach Japan. Im Land der aufgehenden Sonne folgt eine erfüllte Lebensweise gutem Design und hoher Funktionalität gleichermaßen. Es gilt, so wenig wie möglich zu verschwenden und jeden Zentimeter Platz optisch ansprechend, aber nicht überladen, zu gestalten. Daraus ergibt sich ein Schönheitsverständnis, das nach Sushi klingt, aber nichts damit zu tun: Wabi-Sabi, die „Liebe zum Unperfekten“. Wabi-Sabi könnte man mit „Lagom“, dem schwedischen Verständnis von „Nicht zu viel und nicht zu wenig“ vergleichen. Ausgewogenheit. Weder zu perfekt und steril, noch zu opulent und optisch üppig. Alles – auch Alltägliche – zur Kunst perfektioniert, aber beseelt und das Leben einfacher machend.
Wer an Japan denkt, hat vermutlich als erstes die futuristischen Außenfassaden der großen Ballungsgebiete im Kopf. Viel Glas, und unter anderem erdbebensichere High-Tech-Verglasungen an den Wolkenkratzern.
Abseits der modernen Großstadtviertel ergibt sich ein anderes Bild, das einen wunderbaren architektonischen Anachronismus entstehen lässt. In traditionellen japanischen Wohnhäusern findet man kleinsprossige, papierbespannte Holzrahmen: die Shōji. Diese bilden oft mehrreihig angeordnet die Barriere nach draußen. Dass sich Holz und Papier im Laufe ihrer Verwendungszeit verändern und Spuren, etwa durch Ausbleichen, entstehen können, ist hierbei kein Makel, sondern ganz im Sinne von „Wabi-Sabi“.
Die verschiebbaren Zwischenwände aus Papier sind in ihrer Funktion vergleichbar mit Paravents. Als lichtdurchlässiger Sichtschutz und Raumteiler lassen sich die Shōji individuell dort platzieren, wo man gerne eine Schiebetür hätte. Optimalerweise sind in der japanischen Architektur stets großflächige Blicke nach außen möglich, so dass im Innenraum der Einklang mit der Natur spürbar wird.
Eine Inspiration, die auch in Mitteleuropa dem ästhetischen Harmonieverständnis von Haus- oder Wohnungsbesitzern folgt.